Gut und Böse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jeder hat eine dunkle Strömung.

Ja und? Du kannst sie aufhellen.

K. P.

 

 

 

 

 

 

 

 

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 1 

Relevanz und Kernthesen

 

◙ Relevanz:

Liegt auf der Hand, wenn man selbst Opfer böser Taten

anderer wurde. Und wir selbst? Sollten wir wirklich versuchen,

ein guter Mensch zu werden? Das Aufgeben der

„spontanen Selbstbevorzugung“ kann ja so lästig sein.

Eigenartig diese Asymmetrie: Wie froh ist unser Herz,

wenn uns jemand uneigennützig Gutes tut.

Und wie empört sind wir, wenn wir selbst Opfer wurden.

 

◙ Kernthesen:

Das Moral-Thema nervt mich seit Jahrzehnten,

weil ich es nicht auf die Reihe kriege.

Immerhin kann ich nun sagen warum:

Drei Bereiche überlappen sich hier:

 

1 Evolutionsbiologie

2 Psychologie

3 Theologie

 

Ad 1: Wir stammen aus dem Tierreich und bleiben

– mehr als uns lieb ist – dem animalischen

Egozentrismus verhaftet.

 

Ad 2: Unsere prosoziale Veranlagung ist leicht störbar:

Wer zu wenig liebevolle Zuwendung erfuhr,

wie soll der Wohlwollen weitergeben?

Die dunkle Strömung bürstet ihn auf Krawall.

Den Begriff der Freiheit will ich der Psychologie zuordnen.

(Andere machen einen vierten Bereich auf: Philosophie.)

 

Ad 3: Wer sich absolut angenommen fühlt, kann sein

Ego relativieren. Selbsttranszendenz:

Freude machen kann Freude machen.

 

Die drei Bereiche sind verschachtelt und 

vermurksen sich zu einem „Eiertanz“: 

Alle paar Jahre verändert sich mein „Gut-Böse-Essay“.

Im Punkt 4 reihe ich einfach drei Kurz-Essays aneinander,

da ich mich für keinen entscheiden konnte.

 

 

 

 

 2 

Welchen Wolf füttern wir?

Weisheit der Indianer

 

Ein alter Mann aus einem Indianerstamm sprach zu seinem Enkel:

Manchmal habe ich das Gefühl, dass in mir ein Kampf tobt –

ein Kampf zwischen zwei Wölfen.

 

Der eine Wolf ist böse. Er ist der Wolf des Zorns, des Neids,

der Sorge, des Vorwurfs, der Gier, der Arroganz,

des Selbstmitleids, der Ablehnung, der Minderwertigkeit.

Es ist der Wolf der Angst, in den Mokassins eines anderen

laufen zu müssen, um zu sehen, wie sich die

Wirklichkeit aus seiner Sicht darstellt.

 

Der andere Wolf ist gut. Er ist der Wolf der Freude,

des Friedens, der Liebe, der Hoffnung, der Gelassenheit,

der Bescheidenheit und der Güte. Es ist der Wolf

des Mitgefühls und der Vergebung nach Streitereien.

 

Nachdem der Enkel eine Weile über die Worte seines

Großvaters nachgedacht hatte, fragte er:

Sag mir, Großvater, welcher der beiden Wölfe wird

denn nun gewinnen?

Und der alte Mann antwortete: Der, den du fütterst.

 

 

(Bemerkung: Das Narrativ ist recht bekannt, aber eben noch nicht allen. Einige Varianten gibt es davon. Der Mensch ist nicht gut oder böse, sondern frei, gut oder böse zu sein. Wie wird man böse? Die beste Antwort ist psychologisch und stammt von E. Fromm: Das Ausmaß der Destruktivität ist proportional zum Ausmaß der Vereitelung der Lebensentfaltung.)

 

 

 

 

 3 

Wer soll zuerst lieben?

Osho

 

Die erste Lektion besteht darin, nicht um Liebe zu bitten,

sondern nur zu geben. Werdet zu einem Gebenden.

Die Menschen machen aber genau das Gegenteil.

Selbst wenn sie geben, tun sie es mit dem Hintergedanken,

Liebe zurückzubekommen. Es ist ein Tauschhandel.

Sie verströmen sich nicht, sie verschenken sich nicht freigebig.

Sie teilen aus, aber nicht vorbehaltlos. Aus dem Augenwinkel

beobachten sie, ob es erwidert wird oder nicht.

Arme Leute ... sie haben keine Ahnung von dem Naturgesetz

der Liebe. Wer Liebe verströmt, zu dem wird sie zurückkommen.

Und wenn sie nicht kommt, macht euch keine Sorgen.

Ein Liebender weiß, dass Lieben glücklich macht.

Wenn es erwidert wird – gut, dann vervielfacht sich das Glück.

Doch selbst wenn es nicht erwidert wird, macht der Akt des

Liebens euch so glücklich und ekstatisch – wen kümmert es da,

ob die Liebe erwidert wird? Die Liebe hat ihre eigene,

ihr innewohnende Glückseligkeit. Sie stellt sich ein,

wenn man liebt. Man braucht nicht auf das Ergebnis zu warten.

Fangt einfach an zu lieben, und allmählich werdet ihr sehen,

wie viel Liebe zu euch zurückkommt. Man kann nur erleben

und erfahren, was Liebe ist, indem man liebt.

Genau wie man schwimmen lernt, indem man schwimmt,

so lernt man lieben, indem man liebt. Aber die Menschen

sind sehr knauserig. Sie warten auf die große Liebe – dann,

ja dann werden sie lieben! Sie bleiben verschlossen und in

sich gekehrt. Und sie warten. Irgendwann, irgendwo wird

ihre Kleopatra auftauchen, und dann werden sie ihr Herz öffnen.

Aber bis es so weit ist, haben sie völlig verlernt,

ihr Herz zu öffnen.

 

(Bemerkung: Was braucht das? Verdammt viel Bewusstheit,  Entschlossenheit und Hingabe.)

 

 

 

 

 

 4 

Drei Kurz-Essays (K. P.)

 

 

Gut und Böse - I

Wozu gut sein, wenn man sich dabei immer sauertöpfig fühlt?

Die spontane Selbstbevorzugung (nettes Wort für Egoismus)

liegt doch näher! Die Antwort ist philosophisch:

Wenn es einen Sinn gibt, dann ist er vollständig und gilt für alle.

Dann ist das Glücksstreben eines jeden Einzelnen berechtigt.

Ich bin wie du. Moral speist sich aus dem Selbstverständlichen.

 

Kann Freude machen Freude machen?

Könnte Wohlwollen nicht auch im eigenen Glücksverlangen

gründen? Die Antwort ist psychologisch:

Selbsttranszendenz ist selten, aber möglich:

Das Gute wird dann nicht sauertöpfig und verkrampft

aus Pflicht getan, sondern aus innerer Wesensneigung.

 

Was motiviert (in der Tiefe) zum Freude-Machen?

Spiritualität! Sittliche Ideen erwachsen aus dem

religiösen Gefühl, aber mit Logik allein sind sie niemals zu

rechtfertigen (F. Dostojewski). Ohne Spiritualität hält sich

Wohlwollen nicht lange. Nächstenliebe hat etwas Zauberhaftes,

eine Tiefendimension, einen Erkenntnisrest,

der sich jeder Reflexion entzieht. Das Gute braucht einen

archimedischen Punkt: Ein Humanismus, der nicht über

sich selbst hinausweist, ist wie eine abgeschnittene Blume.

Man weiß nicht, wie lange sie hält (G. Mann).

Solidarität entsteht im Umkreis einer Erlösungshoffnung.

Wir lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat (1.Joh. 4,19).

Nur mit dieser Topmotivation wagt man sich an die

Schattenarbeit, den unbewussten Bereich der Moral.

Der bewusste Bereich ist das Gewissen.

Man ist nicht nur vor, sondern auch für sein Gewissen

verantwortlich. So soll es nicht sein:

Sein Gewissen war rein, er benutzte es nie (S. Lec).

 

Muss das Böse überhaupt sein?

Logik: Gut-Böse, Idealbild-Schattenbild sind zwei Seiten

der gleichen Medaille: Es sind polare, korrespondierende

Gegensätze, deren einer Teil den anderen voraussetzt.

Die Polarität ist nicht aufhebbar, indem man einen Pol abtrennt,

sondern beide Pole vereint.

Das Böse, die dunkle Strömung in uns,

lässt sich nicht ausmerzen,

sondern nur transformieren, aufhellen.

 

Theologisch: Kernbegriff ist die Freiheit:

Wir sind nicht gut oder böse, sondern frei, gut oder böse zu sein.

Wir sollen uns höchstpersönlich in Freiheit entscheiden,

welchen Wolf wir in uns füttern wollen. Gott will offenbar

nur die Freien zu den Seinen. Und so bleibt ihm gar

nichts übrig – er muss den Menschen versuchen (F. Rosenzweig).

Die Dämonen sitzen nämlich nicht draußen:

Die einzigen Teufel in der Welt sind die, die sich in unseren

Herzen herumtreiben. Das ist der Ort, wo der

Kampf ausgetragen werden muss (M. Gandhi).

 

 

 

 

 

 

 

 

Gut und Böse - II

 

Urphänomen

Seit Kain und Abel wissen wir, dass alle Menschen Brüder sind.

Der Sänger Falco: Das Böse ist immer und überall.

Im Film Krieg der Sterne bestand die Gefahr, der dunklen Seite

der Macht zu verfallen. Das Böse scheint auch etwas

Faszinierendes, Vitales und Berauschendes zu haben.

Die mittelalterliche Höllenbilder sind spannend,

während die Paradies-Darstellungen langweilig wirken.

Krimis sind und bleiben beliebt. Berühmt und bekannt ist Goethes

Mephisto-Satz, nach dem dieser zu der Kraft gehört,

die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Das sogenannte Gute und sogenannte Böse wirken auf einer

höheren Ebene zusammen (B. Hellinger). Das Böse scheint

notwendig dazu zu gehören, obwohl es hässlich ist.

Das Böse bleibt damit ein Urphänomen, was wir nicht restlos

klären können. Um es sinnvoll einzuordnen, muss man meines

Ermessens sehr weit ausholen,

d. h. metaphysisch und religiös denken:

 

Freiheit

ist dabei der Schlüsselbegriff. Sie ist ein so hohes Gut,

dass die Möglichkeit zum Bösen in Kauf zu nehmen ist.

Schon 1250 sagte T. v. Aquin mit wünschenswerter Klarheit:

Gott will weder, dass das Böse geschehe, noch will er,

dass das Böse nicht geschehe: Er will zulassen, dass das Böse

geschehe und dies ist ein Gut. Natürlich könnte Gott geistige

Wesen direkt als vollkommene Wesen erschaffen.

Aber das wäre fad, zu billig, wir wären Marionetten.

Es liegt kein Verdienst darin, gut zu sein, wenn man nicht

die Kraft hat, böse zu sein. Wir sollen nicht von vorne herein

gut sein, sondern uns bewusst dazu durchringen.

Die Freiwilligkeit ist der Kern der Moral. Ø Gott will offenbar

nur die Freien zu den Seinen. Und so bleibt ihm gar nichts übrig

– er muss den Menschen versuchen (F. Rosenzweig).

Die meisten Denker halten nicht die Abwesenheit des Bösen

für den Idealzustand, sondern denjenigen, bei dem die

Menschen das Böse als solches erkennen

und am Schlawittchen packen. Hier ist Dynamik,

die die menschliche Freiheit zur Entscheidung herausfordert.

Die Gut-Böse-Polarität ist also dazu da, dass man sich

in ihr bewähre. Des Menschen Fallenkönnen bedeutet

sein Steigenkönnen. Verderbnis und Erlösung

bedingen sich (M. Buber). So gesehen, ist die

alttestamentliche Geschichte vom Sündenfall ein Glücksfall.

Wer schuf denn die Schlange im Paradies? Nicht der Mensch.

Es war eine von Gottes besten Taten: Der Sündenfall war

die glücklichste Tat der Geschichte (F. Schiller).

Es kam zwar die Sünde in die Welt, und zwar strukturell

bleibend als Erbsünde, aber gleichzeitig besteht immer

die Erbchance, sich freiwillig Gott zuzuwenden.

Die Welt ist nicht statisch heil, sondern besser:

dynamisch heilbar, wegen des höheren Guts der Freiheit.

Gott hasst das Böse, aber nie den Bösen. Mit dem hat er Mitleid.

Mit anderen Worten: Das Gute taugt nur als Kind der Freiheit.

Gott muss die Versuchung zulassen,

damit wir uns in ihr bewusst bewähren.

 

 

 

 

 

Gut und Böse - III

 

Ausgangspunkt

Glück und Ethik haben sich nie besonders gut vertragen.

Wer hat schon Lust, Gutes zu tun, wenn er sich dabei

immer schlecht fühlt? Andererseits: Ist Glück ohne jede

ethische Komponente denkbar? Kennt jemand einen Glücklichen,

der auf jede Moral pfeift? Das meiste Böse wird auch nicht

aus strahlender Überzeugung getan, sondern getrieben,

aus verzerrter Psychologie heraus. Ein schlechter Mensch

ist niemals glücklich, auch wenn er Glück hat (Menander).

Psychologen, Philosophen und Theologen stimmen

bemerkenswert darin überein, dass der Mensch auf Dauer

nicht glücklich wird, wenn er in egozentrisch-hedonistischer

Selbstzentrierung verharrt. Die Frage ist, wer soll glücklich sein?

Ich oder alle „Iche“? Natürlich alle! Wieso natürlich?

Wenn es einen Sinn gibt, dann ist er vollständig,

dann ist das Glücksstreben jedes Einzelnen berechtigt.

Diese allererste Grundannahme ist nicht beweisbar, aber plausibel.

Wenn sie stimmt, dann speist sich Moral eigentlich aus

dem Selbstverständlichen. Um das zu realisieren,

muss es verbindliche Absprachen, ein moralisches

Minimum geben. Dies ist unverzichtbare Voraussetzung

für alles Weitere. Ohne Moral würde sich eine kleine

Minorität mit Gewalt durchsetzen und die Mehrheit

wäre unglücklich. In der Anarchie liegt das allgemeine

Glücksniveau wesentlich tiefer, letztlich auch

für die Destruktiven: Der kluge Egoist kooperiert.

Das klingt nun so, als wäre das Problem gelöst –

leider nur theoretisch. Der Geist ist willig,

das Fleisch ist schwach. Die Innenseite der Moral,

das Umsetzen ist das eigentliche Problem der Moral.

 

Theoretische Forderung

Das Tun des Guten müsste gut tun. Wohlwollen müsste

noch im eigenen Glücksverlangen gründen.

Das Geheimnis geglückter Moral wäre dann das Gelingen

des Umbauprozesses von der ursprünglichen spontanen

Selbstbevorzugung (nettes Wort für Egoismus) zu der Erfahrung,

dass Freude machen Freude machen kann.

Die Emotion der Liebe ist nämlich die Freude!

Die Neurobiologie bestätigt, dass das positive Gefühl

nach einer liebevollen Handlung ein biochemisches Korrelat hat:

Es wird nämlich im Gehirn ein Endorphin ausgeschüttet,

welches das Belohnungsgefühl bewirkt. Andere Autoren

sprechen vom helper´s high. Thomas v. Aquin sagte mit

wünschenswerter Klarheit: Ein Handeln kann nicht vollkommen

gut sein, wenn nicht auch die Lust am Guten dabei ist.

Der Rheinländer sagt: Man muss „jönne könne“ (gönnen).

Das gewährte Wohlwollen wird zurückgespiegelt –

in glücklicher Umgebung ist man selbst glücklicher.

Das Gute täte man nicht verkniffen und sauertöpfig aus

Pflichtgefühl, sondern aus innerer Wesensneigung

mit einem lebendigen Gefühl, wie eine warme, sprudelnde,

nicht versiegende Quelle. Und vom Kopf her bestünde

geglückte Moral in der inneren Zufriedenheit,

richtig gehandelt zu haben, im Glauben, Glück verdient

zu haben, oder nach Kant: des Glückes würdig zu sein.

Dies war nun alles im Konjunktiv gesprochen.

Ist es auch realistisch?

 

Realistisch als stufiger Prozess

Die Evolutionsbiologie belegt, dass der Mensch durchaus

die genetische Disposition für altruistisches Verhalten hat.

Ohne dies hätte sich der Urmensch nicht durchgesetzt.

Allein war er großen Raubtieren unterlegen.

Fairness und Solidarität als mittlere Moralstufen lassen

sich also realisieren. Dies wird durch eine gute

frühe Bindung fundiert, die zur unverzichtbar wichtigen

Selbstliebe führt, ohne die die Nächstenliebe nicht gelingt.

Selbst- und Nächstenliebe wachsen gemeinsam miteinander.

Dies wird durch Erziehung eingeleitet und in Form von

Übung und Gewöhnung gefestigt. Später kommen Einsicht

und Überzeugung dazu. Das Ich muss also nicht

abgetötet werden, sondern darf stark werden,

um sich später voll bewusst zur Selbsttranszendenz

zu entschließen. Das Gebilde der inneren Erlebnisseite

der Moral hieß früher Gewissen, heute sagt man eher

moralisches Bewusstsein. Sein emotionales Moment ist

das Wertfühlen und die Empathie. Wichtig ist die Vermeidung

moralischer Überforderung: Moralisches Glück besteht

weniger im Gutsein als im Besserwerden.

Selbsttranszendenz: Das geübte Gewissen spürt die

absolute „Gutheit“ des Guten und die Verbundenheit

mit allen Mitmenschen, ja mit allen Lebendigen.

Wer das Gute als fundamentales Grundprinzip des Seins ahnt,

der handelt danach, auch wenn er selbst nichts davon hat. 

Die wirkliche Liebe beginnt, wo keine Gegenliebe

erwartet wird (A. de Saint-Exupéry). Unglaublich,

dass es so etwas gibt: Die Tierhaftigkeit wird aufgesprengt

bis mitunter zur Aushebelung des Selbsterhaltungstriebes.

Nächstenliebe ist schwierig: Es ist die Bereitschaft,

sich von Mitmenschen stören zu lassen. Meine Mutter sagte:

Man muss auch Opfer bringen. Opfer heißt auf Latein

sacrificium. Darin steckt sacrum facere = geheiligt machen.

(Victim meint unfreiwilliges Opfer.) Man macht sich durchlässig

für etwas Größeres und handelt nach dem kosmischen Urgesetz,

was das popelige Eigeninteresse auch mal hinter sich lässt.

Dabei wird das Ich nicht gekreuzigt – das wäre

„maso-christlich“, sondern durchstrahlt. Wer dieses moralische

Hochplateau erreicht hat, bei dem bewirkt Gutsein mehr

Freude und Erfüllung als Bösesein, was durchaus seine

eigene Faszination hat – sonst gäbe es nicht so viele Böse.

 

Mechanismus des Umbauprozesses

Wie funktioniert dieser Umbauprozess vom spontanen

zum wahren Willen? Gesetze, Normen, Appelle schaffen

es nicht, die Triebkräfte zu transformieren.

Das Motivationszentrum ist nicht der Kopf, sondern das Herz.

Dort beginnt der Umbauprozess und dieser ist geheimnisvoll.

Nächstenliebe, diese edelste aller Geistesschwächen,

hat etwas Zauberhaftes. Die Liebe hat kein Warum und

die Philosophen geben zu, dass ein unauflösbarer

Erkenntnisrest verbleibt. Die Liebe hat eine Tiefendimension,

in der alle Fragen verstummen und aus deren Stille ein

Lächeln aufbricht, dessen Geheimnis sich jeder Reflexion

entzieht (Autor mir nicht bekannt). Der Verstand ist unfähig

zum Ausdruck der Liebe. Die Liebe allein ist imstande,

die Wahrheit der Liebe zu offenbaren. Liebe ist das Meer,

in dem die Vernunft ertrinkt (M. C. Rumi). Hat die Bibel

womöglich Recht mit der Behauptung, Liebe sei Gabe des

göttlichen Geistes, dem man sich in der irrationalen

Bewegung des Glaubens öffnet? Ich glaube ja.

Spirituelle Meister machen glaubhaft, dass Liebe und

Wohlwollen nur dann stark und radikal werden,

wenn sie auf Transzendenz-Erfahrungen beruhen.

Sittliche Ideen erwachsen aus dem religiösen Gefühl,

aber mit der Logik allein sind sie niemals zu

rechtfertigen (F. Dostojewskij).  Derjenige liebt,

der aus Gott die Liebe in sich schöpft (M. Eckart).

Ohne göttlichen Geist fehlt der Nächstenliebe Ausdauer

und Durchhaltekraft. Ein (atheistischer) Humanismus,

der nicht über sich selbst hinausweist, ist wie eine

abgeschnittene Blume. Man weiß nicht, wie lange

sie hält (G. Mann). Wer an einen höheren Sinn und

eine Weiterexistenz glaubt, traut sich, sein Ego im

Diesseits zu relativieren. Er hat nicht mehr die verrückte Gier.

Ich muss nicht immer zuerst an mich denken,

weil Gott das schon tut. Wenn ich mich von oben

grundsätzlich angenommen fühle, kann ich auch

andere annehmen. Solidarität entsteht im Umkreis

einer Erlösungshoffnung. Geborgenheit im Letzten

gibt Gelassenheit im Vorletzten (R. Guardini).

Wir brauchen keine neuen Werte, der Vorrat reicht,

was wir brauchen, ist die geheimnisvolle, mächtige

Motivation aus dem Glauben. Wir lieben, weil Gott uns

zuerst geliebt hat (1.Joh. 4,19). Im Rahmen einer

theologischen Ethik ist Nächstenliebe die Weitergabe

der göttlichen großen Liebe. Wer sich über alle Maßen

geliebt fühlt, der kann das fröhlich und mit Hingabe

weitergeben. In diesem Punkt bin ich keinen Deut weiter

als andere – auch der Pünder ist ein Durchschnittssünder.

 

 

 

 

 5 

Sprüche

 

Habe zu viele – muss noch Auswahl treffen –

kostet Zeit.

 

 

Nur dies: Wo stehen wir?

 

Oberstufe:                            Füreinander                     Wertschätzung

 

Mittelstufe, obere Hälfte:         Miteinander                    Toleranz, Solidarität

Mittelstufe, untere Hälfte:        Nebeneinander               Gleichgültigkeit

 

Unterstufe                            Gegeneinander                Steinzeit (im Konflikt)

 
 

Nur beschissen langsam verlassen wir den animalischen Egozentrismus.

Die Oberstufe hat sich noch nirgends eingebürgert.

Aber sie bleibt Zukunftshoffnung des echten Homo Sapiens.

 

  

 

P. S.:

Das größte Böse? Angriffskrieg!

Leid und Tod für Millionen Unschuldiger.

Plädoyer gegen abartige Kriegsbegeisterung:

Essay:  Bei  Interesse anfordern  →  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

 

Übrigens:

Der nächste Krieg ist in Taiwan. Wenn er eintritt,

hat das auch etwas Gutes: Wir wissen dann,

von welcher Art Xi Jinping ist.

Ich werde dann als ehemaliger Berufssoldat

(Nichtkombattant) Hr. Stoltenberg dringend die Schließung

der Seidenstraße empfehlen. Es reicht doch, wenn Europa 

zu Luft und zu Wasser besucht wird.

 

 

Ich fand eine berührende, unfassbare Geschichte:

Der Stellungskrieg im 1. WK war so ätzend,

dass die Gegner am Weihnachtsabend,

den 24.12.2014 aus ihren Stellungen kamen

und das Friedensfest zusammen feierten.

Bei Interesse einfach anfordern: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!