Sprüche, Essays

 

Worin besteht die Stärke der Kurzprosa?

Meine subjektive Vorliebe für Sprüche erklärt nicht, was objektiv an selbigen so toll ist, warum sie so beliebt sind. Die Antwort ist einfach: Sprüche bilden schnell, da in ihnen Wahrheiten verdichtet sind. Praktisch niemand vom akademischen Establishment bestreitet das. Sprüche wollen nicht wissenschaftlich sein, sondern den Nerv einer Sache treffen. Sprichwörter sind geflügelte Worte, Aphorismen geklügelte Worte, das kommt von klug. Der Aphorismus ist die klügere Schwester des Sprichwortes. Sprichworte leuchten ein, Aphorismen leuchten auf (F. Pollak). Und kurz sind sie. Sprachkürze gibt Denkweite (J. Paul). Literatur wird zur Tortour, wo dürftige Ideen auf Buchlänge ausgewalzt werden. Welch ein Genuss, kurze Gedanken zu finden, die wie Kugelblitze aufleuchten und Tiefsinniges in lakonischer Sprachverknappung sagen. Das Aha-Erlebnis nach überraschenden Einsichten macht einfach Freude. Wie befreiend ist die komprimierte Darstellung von Wahrheiten, wenn sie schlagartig Perspektivenwechsel erzeugen und neue Horizonte eröffnen. D. Schwanitz, der Bestseller-Autor von: „Alles, was man wissen muss“, sagte sinngemäß, dass das Studium von Sprüchen eine besonders effiziente Bildungsmethode sei. Und was ist so prächtig an Bildung? Bildung gilt als fundamentale Schlüsselressource und ich halte sie für das geistige Fundament der Lebenskunst. Je früher man diese erwirbt, desto mehr hat man davon.

 

Ist das Buch anstrengend zu lesen?

Ja, Sprüche und Aphorismen sind schwer bekömmlich, da die Ballaststoffe fehlen. Kurzprosa ist auf die intelligente Mitarbeit des Lesers angewiesen. Für Menschen mit einem IQ drei unter einer Flugechse (pardon) ist diese Literaturgattung unpassend. Gebildetsein ist die Entschlossenheit zur Anstrengung des Verstehens. Das Buch ist sodann ungeeignet für Betonköpfe, die ihre Weltanschauung fest zementiert haben, sondern eher für autonome offene Denker, die sich zum Weiterdenken anregen lassen. Der Lohn ist eine Bildung, die widerstandsfähig macht gegen Verblödung, Verführung und Verzweckung. Gott sei Dank haben Sprüche und Aphorismen oft einen von mir besonders geschätzten witzigen Aspekt (Euphorismen), welcher die tiefer schürfenderen Sentenzen auflockert. Auf jeder Seite soll mindestens einmal gelacht werden.

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